Wenn man Sulata Sardar, eine Slum-Bewohnerin in Kolkata, nach dem sich ändernden Klima fragt, resigniert sie. „Das Wetter wird immer schlechter“. Für Sulata Sardar ist die Klimaerhitzung eine Realität.

Frau Sardar spricht aus Erfahrung. Im Jahr 2009 lebte die damals 40-Jährige in den Sunderbans – 110 km südlich von Kolkata – in einem der grössten Mangrovenwälder der Welt. Am 25. Mai 2009 verwüstete der Zyklon Aila die Region und machte über eine Million Inder und Bangladescher obdachlos¹- darunter auch Frau Sardar und ihre junge Familie. Sie zogen nach Kolkata zu ihren Verwandten, die in einem Slum im östlichen Teil der Stadt wohnten.

Sulata Sardar mit ihrer Familie vor ihrer Hütte – Foto: CRK

Zeitsprung in den Mai 2020. Ein weiterer Super-Zyklon Amphan suchte die Region heim und beschädigte allein im Distrikt South 24 Parganas (unmittelbar südlich von Kolkata) eine Million Häuser. Auch das Haus von Frau Sardar wurde zerstört. Ihr Haus, eine zerbrechliche Konstruktion aus Bambus, provisorischen Holzstücken und Plastik. Sie wurde wie viele andere in ihrer Gemeinde vom Sturm weggeweht. Calcutta Rescue stellte sofort einen Teil der Materialien für den Wiederaufbau ihres Hauses zur Verfügung.

„Früher war das nicht so“, beklagt Frau Sardar, „nicht in meiner Kinderheit. Wir fingen Krabben und Fische und verkauften sie in den Sunderbans. Die Menschen bewirtschafteten das Land. Aber mit der Regelmässigkeit dieser übermässigen Stürme zerstört das Salzwasser den Boden, so dass das Land nicht mehr bebaubar ist. Die Teiche verschwinden zusammen mit den Teichfischen wie dem Rohu. Heutzutage ist es fast unmöglich, in den Sunderbans über die Runden zu kommen“, sagt sie, „viele Menschen ziehen nach Kolkata“.

Obwohl die wirtschaftlichen Möglichkeiten in der Stadt besser sind, fühlt sie sich weiterhin den Umwelteinflüssen gegenüber verletzlich. „Es scheint immer heisser zu werden, vielleicht weil die Bäume mit jedem Zyklon verschwinden“, sagt sie, „und wir wissen nie, wann der nächste Zyklon kommt“.

Frau Sardar hat guten Grund, besorgt zu sein. Laut dem 6. Sachstandsbericht der Arbeitsgruppe II des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) gehört Kolkata zu den zehn Städten weltweit, die den gefährlichsten Mehrfach-Risiken wie Wirbelstürmen, Überschwemmungen, Dürren, Erdbeben und Erdrutschen ausgesetzt sind und am stärksten von katastrophenbedingter Sterblichkeit bedroht sind.  „Eine Stadt wie Kolkata wird durch Hitze und Feuchtigkeit sowie der zunehmenden Häufigkeit von Wirbelstürmen doppelt belastet“, sagte der Klimaforscher Anjal Prakash, einer der Autoren des Berichts. Besonders besorgniserregend ist, dass Kolkata bis 2050 von einer Überschwemmung bedroht ist.


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